Lust auf Keks? [Reykjavík]

Manchmal möchte ich gar nicht ankommen. Mir graut vor dem Aus- und Umsteigen, vor dem Schleppen von Gepäck, vor dem Hasten und Hetzen, um ja den Anschluss nicht zu verpassen. Oder ich bin einfach nur müde … mit oder ohne Jetlag. Auch jetzt. Schließlich ist es schon weit nach Mitternacht und wir sind immer noch unterwegs. Mit meinem Filius sitze ich im FlyBus Richtung Reykjavík. Doch während mir schon lange die Augen schwer werden surft Lu noch begeistert im Netz. Im Bus gibt es WiFi. Gratis. Wow – willkommen in Island! 

Sun Voyager
Natürlich kommt er. Unweigerlich. Der Moment in dem ich aus  dem Halbschlaf gerissen werde. Noch einmal Umsteigen: In den kleineren Shuttlebus nämlich, der es durch die engen Straßen der Altstadt von Reykjavík schafft. Zu viele Passagiere, zuviel Gepäck. Alle wieder raus. Wir rühren uns aus Faulheit, Müdigkeit, einfach mal abwartend nicht vom Fleck und – Glück gehabt – sitzen richtig. Nach einigem Hin und Her brechen wir endlich zur letzen Etappe unserer (An-) Reise auf.

In Buchstaben um die Welt

KEX heißt auf Isländisch Keks. Ein Hostel, in dem ich unbedingt übernachten wollte. Schließlich war es in seinem früheren Leben eine echte Keks-Fabrik. Heute ist es Ho(s)tel, Bar und Bühne für schräge Konzerte: In Reykjavík hat das KEX Kult-Status und den will ich schnuppern. Als wir dann aber vor einem ziemlich öden, rechteckigen Kasten halten, denke ich weder an Kult noch Keks. Sind wir hier richtig?

Eigentlich müsste Trubel herrschen, eine blinkende Neonreklame locken, zumindest ein Schild mit der Aufschrift KEX irgendwo auffällig an der Wand prangen. Oder? Wir müssen schon suchen, bis wir die drei Buchstaben neben der einzigen, unscheinbaren Tür in der Fassade entdecken.

Bar im KEX
Industriecharme

Drinnen stellt sich endlich das heiß ersehnte Wow!-Gefühl ein: Aufgeregtes Treppauf-Treppab, symphathisches Stimmengewirr und cooler Industriecharme. „Just arrived?“ Ein bärtiger Mittdreißiger zeigt uns den Weg zum Check-in. Zweiter Stock, kein Aufzug in Sicht. Herrje … ich bin zu alt für solche Etablissements. Das Einchecken geht rasch. Und netterweise wuchtet der Bärtige auch gleich unser Gepäck ins dritte Stockwerk. Geht doch!

Auf dem eigentlich kurzen Weg und dann doch noch so langen Flur gibt es jede Menge zu entdecken: Wie die alten Klappstühle aus dem Kino, die sich mit ihrem türkisen Anstrich so ausnehmend gut vor der rauen Betonwand machen. Gegenüber Stars und Sternchen der Vergangenheit als Foto-Collage an die Wand geklebt.

Take a seat

Geteilte Schlafräume und Bäder sind absolut nicht mein Ding. Oder sagen wir mal: nicht mehr. Darum habe ich für uns im KEX die originelle „Fifties Suite“ reserviert. Im Hostel heißt sie natürlich schlicht und einfach „Doppelzimmer mit privatem Bad“. Statt Kunst hängen hier verblichene Landkarten an der Wand, graue Metallspinde ersetzen den Schrank, ein alter Reisekoffer dient als Couchtisch. Das Mobiliar ist ein Sammelsurium verschiedener Stile und Epochen und passt wohl gerade deswegen so gut zusammen.

Die Aussicht, die wir beim Aufwachen genießen ist einfach grandios: vor uns die Bucht, im Hintergrund Reykjavíks Hausberg Esja. Wenn ich mich etwas aus dem Fenster lehne sehe ich die wunderbare Skulptur Sun Voyager vom Künstler Jón Gunnar Árnason. Allein dafür lohnt es sich eigentlich schon, Gepäck ganz ohne Aufzug über drei Stockwerke zu schleppen!

Skyr und mehr im Glas

Das Frühstück im KEX ist simpel, aber sehr gut. Es gibt ausschließlich Hausgemachtes wie knuspriges Brot, leckere Marmeladen oder traditionellen Skyr, eine Art Quark, der mit Früchten gegessen wird, und Produkte aus der Region. Wir essen von kunterbunten Tellern. Es sieht fast so aus, als hätte hier jeder Gast ein Souvenir hinterlassen. Über uns baumeln etwas angestaubte Leuchten. Vielleicht stammen die noch aus den Zeiten der Keks-Produktion … Das KEX gefällt uns.

Fazit: Originell, sympathisch, mit sehr gutem Frühstück. Zentral gelegen und toll für zwei bis drei Nächte, um Reykjavík zu erkunden. Für „Traveller in style“ mit viel Gepäck gibt es andere nette Unterkünfte in Reykjavík.

KEX Hostel  |  Skúlagata 28  |  101 Reykjavík  |  Island
T +354 561 6060  |  info@kexhostel.is  |  www.kexhostel.is

20 Gedanken zu “Lust auf Keks? [Reykjavík]

  1. Pingback: All you (need) knit is love … [Island] | 6 Grad Ost

  2. Das Hostel ist aber alles andere als günstig :( also zumindest wenn man ein Einzelzimmer haben will. Da zahlt man wohl für die schöne Aussicht drauf ;) Habe einen 12-stündigen Zwischenstopp in Island – was kann man überhaupt in dieser Zeit in Reykjavik schaffen und wie weit ist der Flughafen von der Innenstadt entfernt?

    LG,
    Vince

    • Hallo Vince, ja, das Hostel hat (auch) Hotelpreise. Zu den Dorms kann ich nichts sagen, aber das Zimmer, das ich für meinen Sohn und mich gebucht hatte, kostete im August 180 Euro die Nacht : ) Uns ging es nicht um ein günstiges Hostel, wir wollten einfach in die alte Keksfabrik. Und fanden es auch ziemlich klasse. Der Flughafen ist ca. 45 Minuten von Reykjavík entfernt. Du kannst bequem mit dem FlyBus ( https://www.re.is/flybus/ ) in die Stadt fahren (bis/ab Busbahnhof) und in einigen Stunden schon eine Menge in Reykjavík erlaufen. Die Stadt ist ja klein. Die Hafenpromenande entlang; das Opernhaus Harpa von innen und außen anschauen, wenn du Architektur magst; die Skulptur Sólfar – ebenfalls an der Promande und mit grandiosem Ausblick auf die Bucht und den Hausberg Esja (das ist auch die Aussicht aus dem KEX) – bestaunen; in die Altstadt hinein zur Hallgrímskirkja, dort rauf auf den Turm und ganz Reykjavík überblicken (lohnt sich) und vielleicht noch nach gegenüber in den Skulpturengarten (7/24 h und gratis) des Einar Jónsson Museums. Wenn du Kunst magst gibt es fußläufig weitere Museen. Toll finde ich auch die Streetart / Murals in Reykjavík. Im Prinzip hinter jeder Häuserecke zu finden. Du könntest durchaus auch zu einer Walbeobachtungs-Tour ab Hafen starten, z. B. über Arctic Adventures / Arktische Abenteuer ( http://www.arktischeabenteuer.de/Island/Tagestouren/Sommer/Walbeobachtung/WalbeobachtungReykjavik/ ). Bei einem 12-stündigen Aufenthalt lohnt sich eine Fahrt nach Reykjavík auf jeden Fall! Es gibt übrigens auch „Free walking tours“ in der Stadt. Nicht zu vergessen: Ein isländisches Bier probieren! Überzeugt? Sonnige Grüße, Jutta

  3. Pingback: Reykjavík: kühle Schöne, hitzige Natur | 6 Grad Ost

  4. Ah, this entry is about your travels in Iceland. I try a google translate:

    Sometimes I do not want to arrive. I dread off and change, before hauling luggage, before hurrying and rushing, so as not to miss the boat . Or I ‚m just tired … with or without jet lag. Also now . Finally, it is well past midnight and we are still on the road . With my Filius I sit in FlyBus direction Reykjavík. But while I have long been the eyes are heavy surfs Lu still thrilled the net. On the bus, there is WiFi . Free of charge. Wow – welcome to Iceland !

    Of course he comes. Invariably . The moment I am torn from a half-sleep . Even one change : In the smaller shuttle namely , the it through the narrow streets of the old town of Reykjavík sc

    KEX is called in Icelandic biscuit. A hostel where I wanted to stay . Finally, it was a real biscuit factory in his previous life . Today, it is Ho ( s) tel , bar and stage for oblique Concerts : In Reykjavík , the KEX cult status and I want to get a taste . But when we stop at a pretty barren , rectangular box , I think neither cult nor biscuit. Are we really here?

    Actually would bustle reign lure flashing neon sign , at least a sign that says KEX somewhere conspicuously emblazoned on the wall. Or ? We have been looking until we find the three letters next to the single , inconspicuous door in the facade .

    Inside finally provides the long-awaited wow feeling! A : Excited Treppauf – down stairs , symphathisches voices and cool industrial charm . “ Just arrived ? “ A bearded thirty- shows us the way to check-in. Second floor , no elevator in sight. Jeez … I ‚m too old for such establishments . The check goes quickly . And the kindly bearded balanced and equal our luggage to the third floor. It works!

    On the really short way and then still so long hallway there is a lot to discover : Like the old folding chairs from the cinema, familiarize yourself with its turquoise paint so exceptionally well against the rough concrete wall. Compared with stars and starlets of the past stuck as a photo collage on the wall.

    eteilte bedrooms and bathrooms are absolutely not my thing. No more : Or let’s say . Therefore I have reserved for us in the original KEX “ Fifties Suite“ . In the hostel they of course called simply „Double room with private bath. ‚ Instead of hanging art here faded maps on the wall, gray metal lockers replace the cabinet , an old travel trunk used as a coffee table . The furniture is a hodgepodge of different styles and periods and fits well because of it together so well .

    The view that we enjoy waking up is simply magnificent : in front of us the bay in the background Reykjavík’s mountain Esja . If I lean a little out of the window I see the wonderful sculpture Sun Voyager by the artist Jón Gunnar Arnason . For that alone it is worth actually been to haul luggage without elevator three floors !

    Breakfast at the KEX is simple, but very good. There are only like Homemade crusty bread , delicious jams or traditional skyr , a kind of cottage cheese, which is eaten with fruit, and products from the region. We may eat of colorful dishes. It almost looks as if every guest leave a souvenir . About Us dangle slightly outdated lights. Maybe that still come from the times of biscuit production … The KEX like us .

    Conclusion: Original, sympathetic, with a very good breakfast. Centrally located and great for two to three nights to explore Reykjavik . For „Traveller in style“ with lots of luggage , there are other nice accommodation in Reykjavík

    • Hallo Christina,
      Hostels sind tatsächlich auch nicht mehr mein Ding, aber ich hatte so viel vom KEX gehört, dass ich unbedingt dort übernachten wollte. Es war eine wirklich positive Erfahrung! Ich werde mal schnuppern, was dir in Irland widerfahren ist … :)
      Sonnige Grüße
      Jutta

  5. Hallo Jutta

    habe gerade dein Kex- Bericht gelesen. Du hast mich dazu gebracht, dass ich da umbedingt auch hin will……. Freu mich schon auf mehr…

    Alles Liebe aus der Schweiz

    Tanja
    tc-photographic

    • Hallo Tanja,
      freue mich sehr! Ja, zu Island wird es dieser Tage einige Posts geben und ich hoffe, dass die noch mehr Lust auf eine Reise in den hohen Norden machen!
      Sonnige Grüße,
      Jutta

    • Im Titel Elke oder die Bilder im „Kaleidoskop“? Den Header lade ich als Collage hoch, die Bilder hier unter werden einzeln in eine „Bilder-Galerie“ geladen und wechseln bei jedem Aufruf ihre Position. Ich finde die Funktion auch ganz nett : )
      Sonnige Grüße in den Norden,
      Jutta

  6. Echt super Reisebericht, bekomme ich Lust mich auf zu machen. Seite gleich im Browser gespeichert. Mach weiter so, will was zum lesen und schauen haben.
    Gruß aus Berlin Ingo

Heraus mit der Sprache! Ich sehe es wie Karl Popper: "Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab."

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