Die Region hat ganz gewiss schillernde Persönlichkeiten hervorgebracht, vor allem jedoch Charaktere: Dieter Nuhr, der seine ersten Lebensjahre in Wesel verbrachte, macht intelligentes Kabarett. Dafür erhielt er 2014 den „Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache“. Auch als Fotokünstler macht er von sich reden. Till Brönner, gebürtiger Viersener, gehört zu den erfolgreichsten deutschen Jazztrompetern. Und die heute in London lebende Claudia Schiffer, Supermodel der 1990er und Muse von Karl Lagerfeld, wuchs in Rheinberg auf. Zuletzt kuratierte sie die viel beachtete Ausstellung „Captivate! Modefotografie der 90er“ im Düsseldorfer Museum Kunstpalast.
Am Niederrhein reihen sich Herrenhäuser, Rittersitze und Klöster, bezaubernde Schlösschen und andere charmante Gebäude voller Geschichte und Geschichten wie Perlen auf einer Schnur. Entlang Schwalm, Nette und Niers und in die Landschaft gestreut. Manche Häuser sind privat bewohnt, andere stehen leer und warten darauf, aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst zu werden. Wieder andere überraschen hinter ihren alten Mauern mit Kunstsammlungen oder einem Boutique-Hotel. Gutshöfe haben auf Biolandwirtschaft umgestellt, verkaufen ihre Produkte in eigenen Hofläden oder organisieren Workshops für Körper und Geist. Besonders sind sie alle.
Bis an Rhein und Lippe sind sie gekommen, die Römer auf ihrer Expansion gen Norden. Dabei haben sie zahlreiche Spuren hinterlassen. Und manche Annehmlichkeit. Aquädukte etwa, für die Frischwasserversorgung über weite Strecken, auch Warmwasserleitungen und Bäder sind geschätzte römische Erfindungen. Selbst Meilensteine, die frühen Orientierungspunkte, und die Münzherstellung brachten die Römer an den Niederrhein. Doch wer hätte gedacht, dass sogar Walnüsse und Kastanien, Birnen und die zwischen Heinsberg und Wesel so weit verbreiteten Äpfel römische Hinterlassenschaften sind?
Den Spuren der Römer folgend entlang der Lebensader Rhein, der natürlichen Grenze zwischen dem einst römischen und germanischem Gebiet, die seit 2021 als „Niedergermanischer Limes“ Teil des UNESCO Welterbes ist, neue Orte entdecken und bekannte Orte mit anderen Augen sehen.
Am Niederrhein ist alles im Fluss. Wo die Region beginnt und wo sie endet, das weiß eigentlich niemand so ganz genau. Denn Rhein und Rur, Nette, Niers und Lippe gestalten das Land auch heute noch. Oder wieder. Etwa dort, wo Renaturierungsprojekte greifen. Sie nehmen Besucher mit auf ihre gemächliche Reise durch die meist flache Landschaft, wo man – so heißt es – bereits beizeiten sieht, wer demnächst zu Besuch kommt. Freie Sicht bis zum Horizont, bizarre Kopfweiden und schlanke Pappeln, weite Äcker auf denen Kohl, Kartoffeln und Spargel so gut gedeihen und die im Herbst von Wildgänsen erobert werden. Auf der anderen Seite Urwaldzellen, Bruchwald, Jahrhundertealte Buchen. Der Niederrhein lässt sich bestens in Wanderschuhen erkunden. Neun grenzüberschreitende Premiumwanderwege mäandern durch den Naturpark Schwalm-Nette oder im Uedemer Hochwald werden die Waden auf unerwarteten Steigungen massiert und der Dämmerwald ist ganz anders als sein Name vermuten ließe, oft lichtdurchflutet. Wandern entlang der schön gewundenen Niers oder durch die weitläufige Dingdener Heide, das Heideblühen an den Loosenbergen erleben, Winzlinge am Schwarzen Wasser beobachten oder seltene Wasservögel auf der Bislicher Insel. Barfuß laufen in der Üfter Mark. Wandern am Niederrhein geht so weit. Und so gut!
Durch den Dämmerwald. Wandern am Niederrhein. | … enthält Werbung!
Wandern auf leisen Sohlen im Naturpark Hohe Mark. Zwischen uralten Buchen und mächtigen Eichen, meterhohem Adlerfarn und einem dichten Teppich blau lockender Waldheidelbeeren. Auf weich federnden Pfaden, die mal ausladend, mal versteckt gewunden durch die Wildnis des Dämmerwalds führen. Ganz anders als sein Name vermuten lässt, ist er oft lichtdurchflutet, überrascht mit blütengesprenkelten Waldwiesen und einem leise plätschernden Bach im tief gegrabenen sandigen Bett. Ein Chor melodischer Vogelstimmen und das unverkennbare Hämmern des Spechts begleiten Wanderer auf dem Weg durch das großartige Naturschutzgebiet.