I | am | sterdam [Amsterdam]

„But words are water in Amsterdam, they flood your ears …“ Jessie Burton
Passé, aus, vorbei: Das ikonische Streetsign hinterm Rijksmuseum in Amsterdam ist Geschichte. Angeklagt, verurteilt, am 3. Dezember 2018 demontiert.

Doch warum eigentlich? Schließlich gehörten die zehn Lettern zu den beliebtesten Fotospots der niederländischen Hauptstadt. Ein Magnet für Besucher. Doch genau das wurde zu einem Problem. Das Iamsterdam-Sign fördere Massentourismus und signalisiere falsche Werte, so die Kritik. Bis zu 6000 Besucher waren es zuletzt, die sich hier täglich um den besten Platz fürs Selfie drängelten. Klick und weg.

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Die glückselige Insel [Madeira]

“She was a wild one, but some of us need the storm to feel safe.” Atticus

Ob wir es an diesem Tag noch auf die Insel schaffen werden, bleibt ungewiss. Der Flugverkehr zwischen dem portugiesischen Festland und Madeira wird ausgesetzt. Schuld daran ist der Wind. Er, der dort draußen auf dem Atlantik so viel rauer weht und nur selten innehält. Als Passat streift er das Eiland mit einer beruhigenden Verlässlichkeit. Ein Umstand, der Segelschiffen seit Entdeckung der „neuen Welt“ eine zügige Überquerung des Ozeans ermöglicht. Doch heute sind die Winde zu einem echten Sturm herangewachsen und an eine zügige Weiterreise ist zunächst nicht zu denken. Wir sitzen fest in Lissabon.

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Im Bärental [Trentino]

“How glorious the greeting the sun gives the mountains!“ John Muir

Unter mir ein blaugraues Meer, aufgewühlt, mit weißen Kronen. Ohne Anfang, ohne Ende. Am Horizont verschmilzt es mit dem Blau des Himmels. Meine Augen vermögen das eine nicht vom anderen zu unterscheiden. Doch was ich durchs kleine Kabinenfenster beobachte, ist nicht der Ozean. Vielmehr sind es die Alpen. Ein steinernes Meer, die gezackten Gipfel umspielt vom Dunst. Karg, kühl, abweisend. Dass an den südlichen Hängen der Herbst gerade sein goldenes Blätterkleid über die Landschaft gelegt haben soll, kann ich mir noch nicht so recht vorstellen. Weiterlesen

Entzückender Wegweiser durchs Museum: Mops Anna, Figur aus einer Rokoko-Gruppe

Weißes Gold – Museum Schloss Fürstenberg [Niedersachsen]

“Alles vollkommen in seiner Art muss über seine Art hinausgehen.” Johann Wolfgang von Goethe

Nur wenig mehr als 1000 Einwohner zählt der Ort am Rande des Sollings mit dem schönen Blick auf die Weser, die hier in großzügigen Schleifen eine Grenze zwischen Westfalen und Niedersachsen zieht. In der Ebene die Flussauen, auf der Anhöhe ein Flickenteppich aus Äckern und Wiesen. Die Landschaft wirkt an diesem Herbsttag wie getuscht. Firmenschilder aus Porzellan - bien sûr! Weiterlesen

Curaçao – zwischen Dushi, Okraschoten und Robinson-Feeling

“The Caribbean is an immense ocean that just happens to have a few islands in it.” Derek Walcott

Ein Stück Holland in der Karibik
Kaum 60 Kilometer trennen das südamerikanische Festland von Curaçao. Zwischen dem Kontinent und der Antilleninsel liegt jedoch eine ganze Welt. Geologisch gehört Curaçao durchaus zu Südamerika, politisch seit 1815 zum Königreich der Niederlande, ethnisch ist das Eiland ein riesengroßer Schmelztiegel. Was Besuchern bei ihrer Ankunft in der Hauptstadt Willemstad zuerst auffällt, ist jedoch ganz und gar holländisch geprägt: verspielte Gebäude mit Ziergiebeln wie man sie ganz ähnlich in Haarlem, Delft oder Leiden findet. 
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Zeitzeuge

Wortgeflüster zwischen alten Mauern [Bredevoort]

„Du öffnest die Bücher und sie öffnen dich“ Tschingis Aitmanov

Rembrandts Muse
Im „hintersten Winkel“ der Niederlande, im Achterhoek, liegt Bredevoort. 1.500 Einwohner, vielleicht etwas mehr oder auch etwas weniger, und eine hohe Dichte an gemütlichen Cafés. Überhaupt ist der Achterhoek, der „hintere Winkel“ der Niederlande, voller versteckter Gemütlichkeit. Und von diesseits der Grenze betrachtet immer nur einen Katzensprung entfernt. Wie Bredevoort. Bücher, open-air

Bis 1188 reicht dessen Geschichte zurück. Weiterlesen

Betörend oder ekelhaft?

Austern vor Vlieland [Niederlande]

Gemütliche Spaziergänge sind nicht sein Ding. Zu ihm passt ein schneller Schritt. Energisch, zielgerichtet. Und die Liebe zu Wind und Wolken. Wolken, die Geschichten in den Himmel schreiben. Und dazu Bilder von dramatischer Schönheit malen. Flüchtig, darum muss man eilen. Es ist Herbst. Hier fährt man Omafiets
„Uitwaaien“ im Watt

Vlieland liegt heute unter einer dicken Wolkendecke begraben. Von Dramatik und Schönheit jedoch keine Spur. Weiterlesen

„Kauft Mistelzweige für die Liebste!“ [Niederlande]

Charles Dickens in den Gassen von Deventer

Anhaltende Sehnsucht nach England, ein Hang zur Nostalgie und zu Dramen mit Happy End, erklären meine Liebe zu Dickens schon hinlänglich. Als Teenager verbrachte ich einige Wochen in Broadstairs, Kent, um Englisch zu lernen und wohnte in einem dieser hübschen viktorianischen Häuser, die mich auch heute noch verzaubern. Meine Landlady war der Inbegriff einer Britin mit porzellanfarbenem Teint und rot geschminkten Lippen. Natürlich trug sie Perlen zum Kostüm. Im Wohnzimmer Blümchentapete, Sessel mit Hussen aus glänzendem Chintz und kitschige Porzellanhündchen. Der Blick durch die Erkerfenster – unbezahlbar! – auf das blaugraue Meer. 

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Das Tor zur Welt. Vom Kommen, Gehen und Bleiben* [Bremerhaven]

“The cure for anything is saltwater – sweat, tears, or the sea.” Isak Dinesen*

In der Nacht wird der Wind zum Sturm. Ungestüm zerrt er an den Segeln, tobt, heult, während der Regen im Takt gegen das Bullauge der Kajüte trommelt. Die Uhr zeigt elf. Ich hocke auf einem schmalen Sims, sehe hinaus. Die Beine angewinkelt, die Füße in gemütlichen Pampuschen, in den Händen einen wärmenden Tee mit süßem Honig. Durch den Regenschleier beobachte ich die Häuser im Hafen. Sie flackern wie Irrlichter im Moor. Ich warte. Darauf, dass der Regen sich legt, dass sich die letzten Wassertropfen an der Scheibe finden, eins werden, sich in Nichts auflösen. Darauf, dass der Sturm verstummt. Doch er verstummt nicht. Müde seinen Geschichten weiter zu lauschen, Geschichten, die er an fernen Orten einfängt und um den Erdball bis hierher in den Norden trägt, gehe ich zu Bett. Auf den Lippen den letzten Tropfen Tee.  Weiterlesen

Akrobatische Verrenkungen

De Razende Bol [Texel]

“I have been honoured to serve the whales, dolphins, seals – and all the other creatures on this Earth. Their beauty, intelligence, strength, and spirit have inspired me.” Paul Watson

De Razende Bol … „Die rasende Kugel.“ Ein ungewöhnlicher Name für eine Sandbank, die sich auf einer Fläche von knapp fünf Quadratkilometern scheinbar unberührt vor der Südspitze Texels erstreckt. Im Westen die Nordsee, im Osten die Meerenge Marsdiep, dahinter Festland. Entstanden ist das Fleckchen durch die Gezeitenströme zwischen Meer und Insel: Wenn die steigende Flut und das aus dem Marsdiep zurückfließende Wasser aufeinanderprallen, sinkt aufgewühlter Meeressand ab, schichtet sich langsam und unregelmäßig auf. Von oben betrachtet tatsächlich kugelförmig mit feisten, von Ebbe und Flut geschliffenen Armen, die sich Texel entgegenstrecken. Hier entsteht kein neues Land, vielmehr ein flüchtiger Ort. Als Spielball in der Strömung bewegt sich der Razende Bol nämlich mit einer Geschwindigkeit von ganzen 100 Metern pro Jahr auf Texel zu. Das rückt „rasend“ in die richtige Perspektive.
Akrobatische Verrenkungen
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